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Aus der Rubrik "Gemeine Singles" hier Teil III.

Mein Name ist Heike. Ich bin Single. Und gemein. Ich liebe den Sommer. Da macht Pärchen zerstören am meisten Spaß. Weil man es von morgens bis abends tun kann. Angefangen früh morgens im Freibad bis spät abends im Biergarten. Im Winter ist das schon schwieriger. Auf alle Fälle bei den Pärchen, die sich mit Nachwuchs schmücken. Die sieht man im Winter nicht auf meiner Wildbahn. Da sitzen sie wohl zu Hause und kleben Prinzessin Lilifee-Aufkleber auf die Weihnachtsgeschenke für Oma und Opa. Hauptsache, es sieht nach Kreativität aus. Idiotenpack. Nee, da ist mir der Sommer schon lieber. Allein schon wegen meiner Königs-Disziplin „Husch, husch ins Körbchen“: Ihr fragt euch, was das ist? Ich erklär’s Euch. Ich sitze, zum Beispiel vorm Eiscafé und suche mir eine Opferfamilie mit Kleinkind aus. Dann heißt es warten. Das macht mir nichts aus, denn allein das Warten macht mich schon ganz heiß auf den großen Augenblick. Und dann ist er da, der wunderbare Moment: Das Kind kotzt! Herrlich. Während sich die Mutti dann das Erbrochene Löffelbisquit-Vanilleeis-Gemisch aus dem Dekolleté holt, springe ich auf und heuchle Anteilnahme. Ich stelle mich parallel zur bekotzten Gattin gebückt hin und lasse wie von Geisterhand meine Titten ein Stück aus dem tief ausgeschnittenen Trägershirt gleiten. Der Auftritt der beiden Doppel-D-Airbags lässt den Gatten natürlich seine Vaterpflichten vergessen. Die Babytränke seiner Alten ist ja auch wirklich kein schöner Anblick und riecht genauso säuerlich wie ihr Gesicht gerade aussieht. Während der hypnotisierte Göttergatte und sein Schwarzwaldbecher vor meinen Augen schmelzen, kommt meine Freundin Babse ins Spiel. Sie hat immer ihren Hund dabei, einen Mops. Vom Nebentisch aus lässt sie Mops Günter mit langer Leine auf mich zulaufen. Ich streichle Günter kurz und sage „Ja was denn, mein Feiner, ja was denn?“, nestle dann kokett an meinen Brüsten herum und zitiere Loriot „Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos“. Das Hirn des breit grinsenden und blöd glotzenden Gatten ist nun vergleichbar mit der geschmolzenen Pfirsich-Melba-Pampe der werten Frau Gemahlin. Ein blutloser Brei in seinem Kopf, dafür aber mindestens zwei Liter Lebenssaft zwischen den Beinen. Jetzt ist die Zeit gekommen, um mich zu verabschieden. Ich schiebe meine Brüste mit den Worten „Husch, husch ins Körbchen“ in den BH zurück und stolziere zurück zu Babse und Günter. Wir gackern dann herum, lecken obszön an den zwei perfekt auf einem Hörnchen drapierten Kugeln Vanilleeis und beobachten den beginnenden Krieg.

Gerne gehen wir auch ins Schwimmbad und legen uns in die Nähe des Pissbeckens, äh Kinderbeckens. Wenn Mutti dann mit dem kleinen Racker in 20cm hohem Chlor-Urin-Gemisch planscht, wird Papa genötigt, Babse oder mir den Rücken einzucremen. Wir sagen dann Sätze wie „Sind sie Masseur?“ oder „Hoch, T’schuldigung, das ist mein Gleitgel, Moment, hier ist das Öl.“ Natürlich stöhnen wir dabei. Papi hat nämlich schon lange kein Stöhnen mehr gehört. Schließlich schläft der kleine Pascal ja mit im elterlichen Schlafgemach. Und da heißt es beim Bumsen „Schnauze halten, sonst Baby wach.“

Wenn Papi dann erregt auf der Schwimmbadwiese liegt, kommt Mutti angewackelt und übergibt Papi das Kind, das uns als Schutzschild oder Burgmauer vom Gatten abhalten soll. Das hält uns aber nicht ab. Wir machen dann kleine Scherze mit dem Wonneproppen und sagen beim Anblick seiner dicken Windel „Ooh, ganz der Papa.“ Und dann knuffen wir ihm am Bauch herum „Guck mal, wie süß, Babyspeck, wie knuffig und ganz glatt, ohne Cellulite.“ Babse erzählt dann angewidert von Frau Kessler und ihrer Fettschürzen-OP. Das Kessler-Kind habe nur 2500 Gramm gewogen, aber die Fettschürze 5,4 Kilogramm. Wir fassen uns dann beide an den dünnen Bauch, was so wirkt wie Gähnen: Das Gegenüber macht mit. Im Gegensatz zum Gähnen wirkt es bei einer Wöchnerin aber äußerst Frust schaffend.
Dann hauen wir Popo wackelnd ab und machen das 2-Kugel-Vanille-Eis-Ritual in Richtung des Platzes der Familie. Dabei gucken wir glücklich in den Himmel. Kurze Zeit später kehren wir noch mal zum Schauplatz des aufkeimenden Familiendramas zurück und holen unsere Handys ab, die wir vorher natürlich perfekt positioniert im Aufnahmemodus dort liegen gelassen haben. Die Filme schauen wir uns an doofen Winterabenden an.

Wenn das Wetter mal nicht so prickelnd ist, nutze ich die Zeit und gehe in den Baumarkt. Am schönsten ist es zwischen Frühlingserwachen und Sommeranfang. Da muss der Garten ja familientauglich auf Vordermann gebracht werden. Und so bleibt es nicht aus, dass die ganze Mischpoke im Baumarkt einfliegt. Allein könnte Papa ja die falschen Blumen kaufen, Mutti würde garantiert statt einer Schraube einen Nagel einpacken und die Rotzblagen haben ja sowieso Mitspracherecht. Schon mit 1,5 Jahren. Wäre ja auch noch schöner, wenn Papa und Mutti einfach irgendeine Schaukel oder Rutsche kaufen würden. Nee, das geht mal gar nicht. Vorab muss klein Jule-Marie auf alle Fälle ein Riesentheater vor der Schaukel ihrer Wahl machen. „Die, die, die…Papa, die,die, Papa bitte, tomm, taufen, taufen, wille rutschen, gez.“ Auch wenn Papa und Mama eine andere Rutsche bevorzugen würden, setzt sich das Sprachgestörte Engelchen durch. Wahrscheinlich halten die Erzeuger die Kleine für hochbegabt und haben Angst, dass, wenn sie ihr die TÜV-Siegel freie Rutsche nicht kaufen, maximal eine Realschülerin aus ihr werden kann. Aber egal. Ich habe meinen Spaß. Nachdem ich am Morgen bereits in der Baumarkt-Bäckerei gefrühstückt habe und eine Million Komplimente von Bauarbeitern eingeheimst habe, laufe ich glücklich durch die Hammer-Arena. Was heißt hier laufen? Ich stöckele auf roten Pumps durch die Gänge, während die Familienmuttis in Crocs, Turnschuhen oder Gartengesundheitslatschen schlurfen und aussehen wie blödsinnige Mägde aus alten Filmen. In diesem Fall beobachte ich übrigens erstmal. Hier muss ich nämlich nicht selber für Stunk sorgen. Das machen die schon ganz alleine. Wenn’s dann kracht, bin ich zur Stelle. Bei Papi. Ich kann mir sicher sein, dass Mutti beleidigt im anderen Gang oder bereits am Ford Escort Kombi steht, dessen Fenster mit albernem Kindersonnenschutz  mit Kätzchen- oder Fantasieautomotiven geschmückt sind. Derweil trage ich lässig einen Blaumann unterm Arm und teste, natürlich genau in dem Moment, wenn der Mann guckt, ob der Brustschurz passt. „Meinen Sie, das passt, auch wenn ich nur einen BH darunter trage?“ säusle ich dem erstaunten Kerl entgegen. Noch nie hat einer gesagt, es würde nicht passen. Meist werden sie dann erstmal  richtig mutig und sagen „Was nicht passt, wird passend gemacht. Ich kann ja helfen kommen.“ Geile Baumarktböcke.

Dann aber kommt mein großer Auftritt. Ich sage ihnen, dass ich hier lediglich meine Blaumänner kaufe. Das Werkzeug würde ich nur im Fachhandel erwerben. Gleich würde ich mir übrigens einen neuen Schlagbohrer bei Hilti gönnen. Kawumm, das sitzt und imponiert den Boys. „Ob ich denn selber handwerklich begabt wäre?“ ist dann ihre Standardfrage. Ich protze dann ein wenig mit Fachbegriffen, stelle aber kurz darauf wieder auf Blödchen-Modus um und frage „Können Sie mir vielleicht sagen, ob ich Lack mit Verdünner wegbekomme? Mir ist da gestern bei der Badrenovierung so ein kleiner Klecks auf dem Popo gelandet, als ich im Slip noch eine klitzekleine Stelle nachlackieren wollte und der Blaumann schon im Müll lag.“ Bumm, das erzeugt Bilder beim geilen Baumarktmacho, insbesondere, wenn ich dabei lässig an einem Rohr reibe. Sein Rohr verhält sich derweil wie Aqua Fermit Muffenkitt. Erst weich, leicht knetbar, dann aber doch zähelastisch und gut, um Fugen zu füllen und abzudichten. 

Ich gehe dann mit ihm zur Kasse. Was im Supermarkt die Überraschungseier, sind im Baumarkt unnütze Niedrigpreisprodukte wie Schraubendreher ohne jede Qualität. Aber egal, sie sind billig und wirken enorm sexy, wenn man sie mal kurz in die Hand nimmt, ins Dekollete steckt, um ans Portemonnaie zu kommen und dabei seinen leicht geöffnetem Mund Richtung Schraubendreher führt. Spätestens jetzt hat die Gattin den Alten längst wieder im Visier. Mir egal. Ich öffne an der Kasse noch schnell eine kleine Dose, hier gekauften, aber bereits angerührten Kleister und frage den Kassierer (ich gehe nur zu Kassierern), wie lange ich das Zeug noch benutzen kann. Und dann kommt mein Showdown. Ich habe das zu Hause wochenlang geübt. Wie aus Versehen greife ich gelenk ins Töpfchen und lasse elegant ein spermoid aussehendes Tröpfchen auf mein sonnengebräuntes Dekollete tropfen und frage, während ich mit dem Zeigefinger den Klecks verschmiere und dann Richtung Mund führe „Darf man doch, oder?“. Einen kleinen Klecks hinterlasse ich geschickt auch auf ihm und fordere dann seine Adresse, weil ich darauf bestehe, die Reinigung zu bezahlen. Dann fahre ich nach Hause, ziehe mich schnell um und fahre mit Babse zur Adresse des Bekleisterten. Oft haben wir Glück und freie Sicht auf Garten samt Familienknatsch. Wird natürlich alles gefilmt. Ehrlich, ich könnte Euch noch so viel erzählen, aber jetzt kommt erstmal der Herbst. Da verkaufe ich bei ebay die doofen Schraubendreher, die sich im Laufe des Sommers so angesammelt haben. Und ich halte Ausschau nach Plätzen, wo man im Winter Pärchen zerstören kann. Ich erzähl Euch davon. Bald. Denn wem soll ich das denn sonst erzählen? Ich bin Heike. Und Single.